Was ist der richtige Dämmstoff für Ihr Haus?
Wenn Sie Ihr Haus sanieren, steht eine der wichtigsten Entscheidungen an: Welchen Dämmstoff nehmen Sie? Mineralwolle, Polystyrol oder Naturmaterialien? Jeder hat seine Stärken - und seine Nachteile. Es geht nicht nur um Preis oder Dämmstärke, sondern um Gesundheit, Brandschutz, Umwelt und langfristige Kosten. In Deutschland werden jedes Jahr mehr als 1,2 Millionen Wohnungen gedämmt. Die meisten nutzen immer noch Polystyrol oder Mineralwolle. Aber die Zeiten ändern sich.
Mineralwolle: Der Klassiker mit Klasse
Mineralwolle - also Glaswolle und Steinwolle - ist der meistgenutzte Dämmstoff in Deutschland. Sie macht rund 42 % des Marktes aus. Warum? Weil sie nicht brennt. Sie hat die Brandschutzklasse A1, das heißt, sie verbrennt nicht, selbst bei extrem hohen Temperaturen. Das macht sie zur ersten Wahl für Schulen, Krankenhäuser oder Mehrfamilienhäuser mit hohen Sicherheitsanforderungen.
Die Wärmeleitfähigkeit liegt zwischen 0,032 und 0,040 W/(m·K). Für einen U-Wert von 0,15 W/(m²K), der heute gesetzlich vorgeschrieben ist, brauchen Sie etwa 13 bis 15 cm Dicke. Das ist etwas mehr als bei Polystyrol, aber kein großer Nachteil. Was viele nicht wissen: Mineralwolle atmet. Sie nimmt Feuchtigkeit auf und gibt sie wieder ab. Das hilft, Schimmel zu verhindern - wenn sie richtig verbaut wird.
Aber es gibt einen Haken: Die Fasern. Beim Verlegen entstehen winzige Partikel, die die Haut und die Atemwege reizen können. Das Umweltbundesamt empfiehlt FFP2-Masken und Vollschutzanzüge. Viele Handwerker klagen über Juckreiz nach der Arbeit. Ein Nutzer auf Bauforum24 schrieb: „Nach der Dämmung meines Dachgeschosses hatte ich drei Wochen lang Hautausschlag.“
Ein großer Vorteil: Mineralwolle ist zu 95 % recycelbar. Sie wird aus Sand, Gestein und recyceltem Glas hergestellt. Knauf investiert 200 Millionen Euro in eine neue Fabrik, die ab 2025 bis zu 80 % recyceltes Glas verwendet. Das ist kein Marketing-Gesöff, das ist echte Transformation.
Polystyrol: Günstig, aber riskant
Polystyrol - vor allem EPS und XPS - ist der preisgünstigste Dämmstoff. Mit 10 bis 15 € pro Quadratmeter ist er deutlich günstiger als Mineralwolle (15-25 €) oder Naturdämmstoffe (20-40 €). Er braucht weniger Dicke: Nur 10 bis 12 cm XPS reichen für den geforderten U-Wert von 0,15. Das ist ein Vorteil, besonders bei engeren Wänden oder bei Sanierungen mit wenig Platz.
Er ist wasserabweisend. XPS nimmt weniger als 0,3 % Wasser auf, selbst nach 24 Stunden unter Wasser. Deshalb wird er in Kellerwänden, Umkehrdächern oder unter Bodenplatten eingesetzt. Kein anderes Material macht das so zuverlässig.
Aber hier kommt die dunkle Seite: Polystyrol ist brennbar. Es hat nur die Klasse B1 - schwer entflammbar. Bei einem Brand gibt es giftigen Rauch. Laut der Deutschen Sanierungsberatung emittiert es bis zu 1.000 m²/m Rauchdichte. Das ist mehr als bei Holz. Und: Es tropft. Bei Bränden in Holzbauten erhöht sich die Flammenausbreitung um das 3,5-Fache, wenn Polystyrol dabei ist. Das hat das MPA Dresden in einem Positionspapier dokumentiert.
Und was ist mit dem Recycling? Weniger als 15 % des abgebauten Polystyrols werden tatsächlich wiederverwertet. Der Rest landet auf Deponien oder wird verbrannt. BASF hat 2024 angekündigt, die Produktion von Styropor bis 2028 einzustellen. Warum? Weil es nicht mehr wettbewerbsfähig ist - ökologisch und regulatorisch.
Die EU plant ab 2026 eine CO2-Bepreisung für Dämmstoffe. Polystyrol, das aus Erdöl hergestellt wird, könnte bis zu 15 % teurer werden. Mineralwolle nur 5 %. Naturdämmstoffe gar nicht. Das ist kein Zufall. Das ist die Zukunft.
Naturdämmstoffe: Die nachhaltige Zukunft
Hanf, Schafwolle, Zellulose, Holzfaser, Kork - diese Materialien sind kein Nischenprodukt mehr. Sie wachsen mit 9,2 % pro Jahr, während der gesamte Markt nur um 2,1 % wächst. Warum? Weil sie nicht nur dämmen, sondern auch speichern. Holzfaser kann bis zu 135 Gramm Feuchtigkeit pro Quadratmeter aufnehmen und wieder abgeben. Das reguliert das Raumklima. Sie verhindern Staunässe, ohne dass eine Dampfbremse nötig ist.
Und sie speichern CO2. Hanf und Holzfaser binden bis zu 110 kg CO2 pro Kubikmeter - während Polystyrol und Mineralwolle während der Herstellung CO2 ausstoßen. Architektin Susanne Kühr sagt: „Naturdämmstoffe sind die Zukunft. Sie machen aus dem Haus eine aktive Klimaanlage.“
Die Wärmeleitfähigkeit ist etwas höher: 0,038 bis 0,050 W/(m·K). Das bedeutet: Sie brauchen 16 bis 20 cm Dicke. Das ist mehr Platz. Aber dafür haben Sie eine bessere Schalldämmung, ein angenehmeres Raumklima und keine gesundheitlichen Risiken beim Verlegen.
Die Kosten sind höher - bis zu 40 % mehr als bei Polystyrol. Aber: Sie sind langlebig, nicht giftig, und werden nicht aus fossilen Rohstoffen hergestellt. Und sie sind biologisch abbaubar. Wenn Sie das Haus eines Tages abreißen, wird der Dämmstoff nicht zur Mülldeponie, sondern zum Kompost.
Ein Nachteil: Die Installation ist komplexer. Zellulose braucht ein Einblasgerät - ab 1.500 € Mietkosten. Handwerker brauchen 5 bis 7 Tage, um sie richtig zu verlegen - doppelt so lange wie bei Polystyrol. Und die Dokumentation? Oft unvollständig. Viele Hersteller liefern keine klaren technischen Daten. Das ist ein Problem, besonders bei Förderanträgen.
Welcher Dämmstoff passt zu Ihnen?
Es gibt keine „beste“ Lösung. Es gibt nur die richtige Lösung für Ihre Situation.
- Wählen Sie Mineralwolle, wenn Sie hohe Brandschutzanforderungen haben (Schule, Krankenhaus, Mehrfamilienhaus), wenn Sie lange Lebensdauer und Recycling brauchen, und wenn Sie keine großen Bauplätze haben.
- Wählen Sie Polystyrol, wenn Sie in einem Keller wohnen, ein Umkehrdach sanieren oder sehr knapp mit dem Budget sind. Aber: Vermeiden Sie es in Holzbauweisen. Das ist kein Risiko, das ist ein Risiko mit Namen.
- Wählen Sie Naturdämmstoffe, wenn Sie gesundheitlich sensibel sind, wenn Sie auf CO2-Neutralität achten, wenn Sie ein Einfamilienhaus sanieren und wenn Sie bereit sind, etwas mehr zu zahlen - für eine bessere Zukunft.
Was sagt die Gesetzeslage?
Seit 2020 gilt das Gebäudeenergiegesetz (GEG). Ab 2024 ist nur noch Dämmung mit einem U-Wert unter 0,15 W/(m²K) förderfähig. Das bedeutet: Kein Halbherziges mehr. Wer spart, muss richtig dämmen. Die CE-Kennzeichnung ist Pflicht. Zusätzliche Gütesiegel wie RAL für Mineralwolle oder ECOPRODUCT für Naturstoffe sind freiwillig - aber sie zeigen, dass der Hersteller mehr tut, als nur den Mindeststandard zu erfüllen.
Die EU will ab 2026 Dämmstoffe nach ihrem CO2-Fußabdruck bepreisen. Polystyrol wird teurer. Mineralwolle etwas. Naturdämmstoffe nicht. Das ist kein Trend. Das ist eine politische Wende. Wer heute Polystyrol verbaut, zahlt morgen den Preis - in höheren Kosten, in schlechterer Akzeptanz, in weniger Förderung.
Was tun Sie jetzt?
Wenn Sie planen, Ihr Haus zu sanieren, fragen Sie sich nicht nur: „Was ist günstig?“ Sondern: „Was ist nachhaltig? Was ist sicher? Was bleibt mir in 20 Jahren?“
Wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen: Kombinieren Sie. Nutzen Sie Mineralwolle im Dach und an der Fassade - für den Brandschutz. Nutzen Sie Naturdämmstoffe im Innenausbau - für das Wohlfühlklima. Vermeiden Sie Polystyrol dort, wo es nicht nötig ist.
Die Dämmung Ihres Hauses ist keine Einmalaktion. Sie ist eine Investition in Ihre Gesundheit, Ihre Heizkosten und die Zukunft unseres Klimas. Machen Sie sie bewusst. Machen Sie sie richtig.
Welcher Dämmstoff ist am besten für das Dach?
Für das Dach ist Mineralwolle die beste Wahl. Sie ist nicht brennbar (A1-Klasse), was bei Dachgeschossen mit Holzkonstruktionen entscheidend ist. Sie atmet, reguliert die Feuchtigkeit und ist recycelbar. Bei einer Dachneigung von über 30 Grad reichen 15 cm Dicke, um den U-Wert von 0,15 zu erreichen. Naturdämmstoffe wie Holzfaser eignen sich auch, aber sie brauchen mehr Dicke - was bei flachen Dächern problematisch sein kann.
Ist Polystyrol in der Fassadendämmung erlaubt?
Ja, Polystyrol ist in der Fassadendämmung erlaubt - aber nicht immer empfehlenswert. Es wird oft verwendet, weil es günstig ist und gut haftet. Aber bei Bränden entsteht giftiger Rauch, und es ist kaum recycelbar. Viele Kommunen in Deutschland, wie Freiburg oder München, fördern nur noch Dämmstoffe mit geringem CO2-Fußabdruck. Polystyrol wird in Zukunft immer weniger förderfähig sein. Wenn Sie es nutzen, wählen Sie XPS - nicht EPS - und vermeiden Sie es bei Holzfassaden.
Warum sind Naturdämmstoffe teurer?
Sie sind teurer, weil die Produktion aufwändiger ist. Hanf und Holzfaser müssen geerntet, gereinigt, verarbeitet und getrocknet werden - oft in kleinen, regionalen Betrieben. Sie nutzen keine fossilen Rohstoffe, sondern nachwachsende. Die Kosten liegen bei 20-40 € pro m², gegenüber 10-15 € bei Polystyrol. Aber: Sie sparen langfristig Heizkosten, vermeiden Schimmel, verbessern das Raumklima und erhöhen den Wert Ihres Hauses. Viele Förderprogramme zahlen bis zu 30 % der Kosten für Naturdämmstoffe zurück.
Kann ich Mineralwolle selbst verlegen?
Technisch ja - aber nicht ohne Risiko. Die Fasern können Haut und Lunge reizen. Das Umweltbundesamt empfiehlt FFP2-Masken, Schutzbrille und Vollschutzanzug. Ohne diese Ausrüstung ist es gefährlich. Außerdem braucht man Erfahrung, um die Platten dicht aneinander zu legen. Ein falsch verlegter Dämmstoff ist ein schlechter Dämmstoff. Wenn Sie nicht sicher sind, holen Sie einen Fachmann. Die Investition lohnt sich.
Welche Dämmstoffe werden in 2030 am häufigsten verwendet?
Nach Prognosen des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik wird Mineralwolle 2030 noch etwa 50 % des Marktes ausmachen, aber mit recyceltem Rohstoff. Polystyrol wird auf 25 % sinken, weil es teurer wird und weniger gefördert wird. Naturdämmstoffe werden auf 25 % wachsen - vor allem in Einfamilienhäusern und Neubauten mit hohen ökologischen Anforderungen. Die Zukunft ist nicht mehr nur billig - sie ist nachhaltig.