Wenn du Immobilien verwaltest, bist du nicht nur für Mietverträge und Reparaturen verantwortlich. Du bist auch rechtlich verpflichtet, die Sicherheit deiner Mitarbeiter zu gewährleisten. Das bedeutet: Eine Gefährdungsbeurteilung ist kein optionaler Papierkram, sondern eine gesetzliche Pflicht. Und wenn du sie nicht richtig machst, drohen Bußgelder bis zu 25.000 Euro - und im Ernstfall sogar eine erhöhte Haftung, wenn ein Mitarbeiter verletzt wird.
Warum eine Immobilien-spezifische Gefährdungsbeurteilung anders ist
Viele Verwalter versuchen, eine allgemeine Checkliste aus dem Internet zu nutzen. Das funktioniert nicht. Die Gefährdungsbeurteilung für Immobilienverwaltungen unterscheidet sich grundlegend von der in einer Fabrik oder einem Bürozentrum. Deine Mitarbeiter arbeiten nicht an einem festen Ort. Sie sind unterwegs - in Kelleranlagen, auf Dächern, in leerstehenden Wohnungen, bei Mieterbesuchen oder im Homeoffice. Jeder dieser Orte hat eigene Risiken.Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat deshalb eine spezielle Handlungshilfe für die Immobilienbranche veröffentlicht. Statt 70 Gefährdungskategorien wie in Standard-Checklisten gibt es hier nur 25 relevante. Das spart Zeit - aber nur, wenn du sie richtig nutzt. Die häufigste Fehlerquelle? Objektbegehungen werden als „nur eine kurze Besichtigung“ abgetan. Dabei sind sie die gefährlichste Tätigkeit: Stolperfallen, fehlende Beleuchtung, Schimmel, ungesicherte Treppen, Legionellen im Wasser - alles potenzielle Gefahren, die du dokumentieren musst.
Die 7-Schritte-Methode: So machst du es richtig
Die BAuA und die Arbeitsstättenverordnung (ASR V3) legen einen klaren Prozess fest. Keine Abkürzungen. Keine Halbheiten. Sieben Schritte, die du Schritt für Schritt durchgehst:- Vorbereitung: Sammle alle Tätigkeiten deiner Mitarbeiter: Büroarbeit, Objektbegehungen, Mietergespräche, Notdienste, Homeoffice. Erstelle eine Liste - keine Annahmen.
- Gefährdungen identifizieren: Für jede Tätigkeit fragst du: Was kann schiefgehen? Physisch (Stürze, Lärm), biologisch (Schimmel, Bakterien), chemisch (Reinigungsmittel), psychisch (Mieterkonflikte, Stress). 73 % der Verwalter unterschätzen die psychischen Belastungen - das ist ein riesiges Risiko.
- Risiken bewerten: Nutze die einfache Formel: Schadensausmaß × Eintrittswahrscheinlichkeit. Ein Sturz von der Leiter (hohes Schadensausmaß) bei ungesicherten Treppen (hohe Wahrscheinlichkeit) ergibt ein hohes Risiko. Ein lauter Drucker im Büro (geringes Schadensausmaß, geringe Wahrscheinlichkeit) ist ein geringes Risiko.
- Schutzmaßnahmen definieren: Was kannst du tun? Keine vagen Aussagen wie „Mitarbeiter sollen vorsichtig sein“. Konkret: „Bei Objektbegehungen muss eine Checkliste mit Lichtprüfung, Treppenprüfung und Schimmelkontrolle verwendet werden.“ Oder: „Bei Mieterkonflikten wird ein zweiter Mitarbeiter hinzugezogen.“
- Maßnahmen umsetzen: Die Checkliste drucken? Oder digitalisieren? Schulungen durchführen? Schutzausrüstung besorgen? Hier beginnt die Umsetzung. Ohne Umsetzung ist die Beurteilung wertlos.
- Wirksamkeit überprüfen: Nach drei Monaten: Wurden die Maßnahmen eingehalten? Gab es noch Unfälle? Wurden Objekte übersehen? Nutze Zahlen: Vorher 35 % der Begehungen nicht dokumentiert - nachher 5 %. Das ist Erfolg.
- Fortschreibung: Jedes Mal, wenn sich etwas ändert - ein neues Gebäude, ein neuer Mieter mit Hunden, eine neue Reinigungsmethode - musst du die Beurteilung aktualisieren. Nur 41 % der Verwalter tun das systematisch. Das ist ein Haftungsrisiko.
Was du dokumentieren musst - und was nicht
Du musst nicht alles aufschreiben. Aber du musst das Richtige dokumentieren. Laut § 5 ArbSchG brauchst du:- Die identifizierten Gefährdungen (z. B. „Schimmel in Kellerwohnungen“)
- Die Risikobewertung (z. B. „hoch“ für Schimmel bei Feuchtigkeit)
- Die festgelegten Schutzmaßnahmen (z. B. „Lüftungskontrolle alle 6 Monate“)
- Die Ergebnisse der Überprüfung (z. B. „3 von 15 Kellerwohnungen hatten Schimmel - Maßnahme umgesetzt“)
Was du nicht brauchst: Eine 50-seitige PDF-Datei mit theoretischen Erklärungen. Keine Kopien von Arbeitsverträgen. Keine Fotos von Mietern. Konzentriere dich auf das Wesentliche. Die BAuA bewertet 65 % der Dokumentationen als unvollständig - meist wegen fehlender Risikobewertungen oder zu vager Formulierung.
Die größten Fallen - und wie du sie vermeidest
Nicht jeder Fehler ist gleich teuer. Aber einige sind besonders gefährlich:- Fremdfirmen ignorieren: Wenn ein Handwerker kommt, um die Heizung zu reparieren, ist er nicht dein Mitarbeiter - aber du bist verantwortlich für seine Sicherheit im Gebäude. 73 % der Verwalter haben hier Lücken. Nutze die „Fremdfirmenmanagement-Checkliste“ von Haufe: Vor der Arbeit klären, welche Gefahren bestehen, und sicherstellen, dass der Handwerker die Regeln kennt.
- Homeoffice vergessen: Seit 2020 arbeiten viele Verwalter von zu Hause aus. Aber nur 28 % haben ihre Gefährdungsbeurteilung darauf angepasst. Der Arbeitsplatz zu Hause muss genauso bewertet werden wie das Büro: Bildschirmhöhe, Stuhl, Beleuchtung, Ergonomie - das ist Arbeitsschutz.
- Standard-Checklisten verwenden: Eine IHK-Checkliste für Industrie? Nicht geeignet. Du brauchst die BAuA-Checkliste für Immobilienverwaltungen. Wer das nicht beachtet, verliert drei Monate - wie ein Verwalter auf Reddit berichtete, der erst nach langem Suchen merkte, dass Kellerbegehungen nicht abgedeckt waren.
- Nur papierbasiert arbeiten: Eine Checkliste auf Papier in einer Mappe? Monatlich 8 Stunden Verwaltungsaufwand. Eine digitale Lösung wie Quentic.de reduziert das auf 2 Stunden - und sorgt dafür, dass keine Begehung mehr übersehen wird. 62 % der Verwalter nutzen heute digitale Tools - 2020 waren es noch 22 %.
Digitalisierung: Der entscheidende Vorteil
Du kannst eine Gefährdungsbeurteilung mit Excel und Papier machen. Aber du wirst sie nie aktuell halten. Digitale Lösungen ändern das Spiel:- Automatische Erinnerungen: Die Software erinnert dich, wenn eine Beurteilung in drei Jahren überprüft werden muss.
- Mobile Erfassung: Dein Mitarbeiter scannt mit dem Handy eine QR-Code-Checkliste vor Ort - und lädt sofort Fotos und Notizen hoch.
- Integration mit anderen Systemen: Moderne Tools verbinden sich mit Facility-Management-Systemen wie SAP IWMS. Wenn ein Heizungsschaden gemeldet wird, wird automatisch die Gefährdungsbeurteilung aktualisiert.
- Augmented Reality: Die neuesten Systeme erkennen mit der Kamera des Handys potenzielle Gefahren - wie feuchte Wände oder kaputte Treppenstufen - und markieren sie direkt auf dem Bildschirm.
Die Marktanteile zeigen, dass sich die Branche verändert: Quentic.de hat 35 %, SafetyWissen.de 22 %, interne Lösungen 25 %. Kleine Verwaltungen mit weniger als 10 Mitarbeitern nutzen digitale Tools noch selten - nur 22 %. Aber das ändert sich schnell. Wer jetzt nicht digitalisiert, wird bald hinterherhinken.
Kosten: Was du wirklich ausgibst
Du denkst, eine externe Beratung kostet 2.500 Euro? Das stimmt - aber nur, wenn du alles von außen holst. Wenn du deine eigene Checkliste mit der BAuA-Vorlage erstellst, brauchst du 20-40 Stunden Arbeitszeit. Bei einem Stundenlohn von 40 Euro: 800-1.600 Euro. Das ist deutlich günstiger.Die größte Kostenstelle ist nicht die Erstellung - sondern die Nacharbeit. Wenn du eine Prüfung durch die Aufsichtsbehörde nicht bestehst, weil deine Dokumentation unvollständig ist, musst du alles neu machen. Und dann drohen Bußgelder. Die Investition in eine gute digitale Lösung lohnt sich schnell: 65 % schnellere Dokumentation, 40 % höhere Aktualisierungsrate - das spart nicht nur Zeit, sondern auch Geld.
Was kommt als Nächstes?
Die Gesetze verschärfen sich. Seit dem 1. Januar 2024 gelten strengere Regeln für mobile Tätigkeiten wie Objektbegehungen. Ab Juli 2024 soll das „Arbeitsschutz-Modernisierungsgesetz“ die Dokumentationspflichten weiter erhöhen. TÜV Rheinland hat ein neues Zertifizierungsprogramm „Sicherer Immobilienbestand“ gestartet - und es verlangt eine vollständige Gefährdungsbeurteilung als Voraussetzung.Langfristig wird die BAuA bis 2027 eine vollständige Digitalisierung fordern. Die Integration mit Facility-Management-Systemen ist der nächste Schritt. Wer heute nicht digitalisiert, wird morgen nicht mehr wettbewerbsfähig sein.
Fazit: Mach es richtig - oder gar nicht
Eine Gefährdungsbeurteilung ist kein Ärgernis. Sie ist dein Schutz. Sie schützt deine Mitarbeiter vor Verletzungen. Sie schützt dich vor Bußgeldern. Sie schützt dein Unternehmen vor Haftungsansprüchen. Und sie schützt deinen Ruf.Starte nicht mit einer perfekten Lösung. Starte mit einer einfachen Checkliste - nach der BAuA-Vorlage. Prüfe deine Objekte. Dokumentiere deine Risiken. Aktualisiere sie regelmäßig. Nutze digitale Tools, wenn du kannst. Und vergiss nicht: Die größte Gefahr ist nicht der Schimmel oder die Treppe. Die größte Gefahr ist, zu glauben, du hast es schon erledigt.
Muss ich eine Gefährdungsbeurteilung machen, wenn ich nur eine Wohnung vermiete?
Ja. Selbst wenn du nur eine Wohnung vermietest und selbst als Vermieter tätig bist - wenn du Mitarbeiter beschäftigst (z. B. einen Hausmeister, einen Reinigungsdienst oder einen Handwerker, der regelmäßig für dich arbeitet), bist du Arbeitgeber und unterliegst dem Arbeitsschutzgesetz. Die Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung gilt ab dem ersten Mitarbeiter.
Wie oft muss ich die Gefährdungsbeurteilung aktualisieren?
Mindestens alle drei Jahre. Aber du musst sie auch sofort aktualisieren, wenn sich etwas ändert: Ein neues Gebäude kommt hinzu, eine Wohnung wird umgebaut, ein neues Reinigungsmittel wird verwendet, oder du führst Homeoffice für deine Mitarbeiter ein. Die Pflicht zur Aktualisierung ist unabhängig von der Drei-Jahres-Frist.
Was passiert, wenn ich keine Gefährdungsbeurteilung habe?
Die Aufsichtsbehörde kann ein Bußgeld bis zu 25.000 Euro verhängen. Im Falle eines Arbeitsunfalls kann deine Haftung um bis zu 30 % erhöht werden, wie der Bundesgerichtshof 2022 entschieden hat. Außerdem verlierst du die Versicherungsdeckung, wenn du nachweislich gegen das Arbeitsschutzgesetz verstoßen hast.
Kann ich die Gefährdungsbeurteilung selbst machen oder brauche ich einen Experten?
Du kannst sie selbst machen - vorausgesetzt, du kennst die BAuA-Checkliste für Immobilienverwaltungen, die Risikobewertungsmethode und die rechtlichen Anforderungen. Eine Schulung von 8-15 Stunden reicht aus. Viele kleine Verwaltungen nutzen externe Dienstleister, weil sie keine Zeit haben. Aber es ist kein Muss - nur eine Frage von Zeit und Kompetenz.
Was ist mit Mieterkonflikten? Sind die wirklich ein Gefährdung?
Ja. Psychische Belastungen wie aggressive Mieter, Drohungen oder ständiger Stress zählen laut BAuA und Arbeitsgerichten als Gefährdung. Sie können zu Burnout, Angstzuständen oder körperlichen Beschwerden führen. Du musst sie dokumentieren und Maßnahmen ergreifen - etwa durch Schulungen im Umgang mit Konflikten, die Anwesenheit eines zweiten Mitarbeiters bei Gesprächen oder eine klare Eskalationsroute.
Wie erkenne ich, ob meine Checkliste branchenspezifisch ist?
Eine branchenspezifische Checkliste für Immobilienverwaltungen enthält spezifische Gefährdungen wie Objektbegehungen, Keller- und Dachbereiche, Schimmel, Legionellen, Mietergespräche und Homeoffice. Wenn sie nur „Büroarbeit“ und „Lärm“ enthält, ist sie nicht geeignet. Vergleiche sie mit der BAuA-Handlungshilfe - sie ist kostenlos verfügbar.
Kann ich die Gefährdungsbeurteilung mit meiner Versicherung teilen?
Ja - und du solltest es tun. Viele Versicherer verlangen eine vollständige und aktuelle Gefährdungsbeurteilung als Voraussetzung für den Versicherungsschutz. Ein gut dokumentierter Prozess kann dir im Schadensfall helfen, die Haftung zu begrenzen und deine Versicherungsprämie langfristig zu senken.
Angela Spissu
Dezember 4, 2025 AT 09:54Endlich mal jemand, der nicht nur von "Sicherheit" labert, sondern wirklich weiß, worum’s geht. Ich hab neulich nen Kollegen gesehen, der ohne Helm in nem Keller rumgelaufen ist – mit nem Handy in der Hand, während er mit nem Mieter stritt. Das ist kein Arbeitsschutz, das ist Wahnsinn. Die BAuA-Checkliste ist nicht optional, das ist Lebensversicherung.