- von Helmut Schröder
- an 29 Okt, 2025
Stell dir vor, du hast gerade dein neues Zuhause bezogen. Alles ist perfekt - bis du merkst, dass du dein Handy an der Couch nicht aufladen kannst, weil die nächste Steckdose hinter dem Sofa verschwindet. Oder du musst mitten in der Nacht durch den Flur stolpern, weil der Lichtschalter nicht am Eingang ist. Solche Probleme entstehen nicht durch Zufall. Sie entstehen, weil die Elektroinstallation nicht richtig geplant wurde. In Deutschland gibt es eine klare Regel: die DIN 18015. Sie sagt genau, wie viele Steckdosen und Schalter du in welchem Raum brauchst und wo sie hingehören. Wer das ignoriert, baut sich später Ärger ein - und oft auch einen Kabelsalat.
Warum die DIN 18015 nicht nur ein Vorschlag ist
Die DIN 18015 ist keine Empfehlung. Sie ist eine Norm, die von allen Elektrofachbetrieben in Deutschland verpflichtend eingehalten werden muss. Die aktuelle Fassung, DIN 18015-1:2021-10, gilt seit Oktober 2021. Sie legt nicht nur fest, wie viele Steckdosen du brauchst, sondern auch, wie du Kabel verlegst, wo du Verteiler einbaust und wie du Lichtschalter anbringst. Wer diese Regeln nicht befolgt, riskiert nicht nur Sicherheitsprobleme - er macht auch seine Versicherung ungültig, falls es zu einem Stromunfall kommt.
Die Norm ist nicht nur für Neubauten wichtig. Auch bei Renovierungen musst du sie beachten, besonders wenn du Wände umgestaltest oder neue Räume schaffst. Ein Installateur, der die DIN 18015 ignoriert, handelt nicht fachgerecht. Und du als Bauherr hast das Recht, darauf zu bestehen.
Wie viele Steckdosen braucht jeder Raum?
Die DIN 18015 unterscheidet genau zwischen Räumen. Es gibt keine Einheitslösung. Hier ist, was wirklich zählt:
- Wohnzimmer: Mindestens 5 Steckdosen. Das klingt viel, aber denk an Fernseher, Soundbar, Lampen, Spielkonsole, Ladegeräte und einen WLAN-Router. Viele Experten raten heute, 20-30 % mehr einzuplanen - also 6 bis 7 Steckdosen. Platzier sie an den Wänden, wo du auch Möbel aufstellst - nicht nur hinter dem Sofa, sondern auch an der Seite, wo später ein Sideboard oder ein Regal hinkommt.
- Schlafzimmer: Für jeden Bettplatz brauchst du mindestens zwei Steckdosen. Und zusätzlich eine Schaltstelle für die Nachttischlampe. Das ist Pflicht. Die Steckdosen gehören nicht auf den Boden - sie sollten zwischen 30 und 150 cm über dem Fußboden liegen. Ideal: 40 cm über dem Boden, damit du das Handy leicht erreichen kannst, ohne dich zu strecken.
- Küche: Hier wird’s knifflig. Die Norm verlangt mindestens 4 Steckdosen, aber du brauchst viel mehr. Kaffeemaschine, Toaster, Mixer, Wasserkocher, Handrührgerät - das sind schon 5 Geräte. Und das ohne Spülmaschine oder Backofen. Die Lösung: Mindestens 6 Steckdosen, verteilt über die Arbeitsflächen. Eine davon sollte direkt über der Arbeitsplatte sein, nicht unter der Spüle. Und achte darauf: Alle Steckdosen in der Küche müssen mit einem Fehlerstromschutzschalter (RCD) abgesichert sein. Das ist nicht nur empfohlen - es ist Pflicht.
- Badezimmer: Hier gilt: Weniger ist mehr - aber richtig. In der Nasszone (innerhalb von 60 cm um die Dusche oder Badewanne) darfst du keine Steckdosen haben. Außerhalb davon brauchst du mindestens eine, idealerweise zwei. Eine für die Zahnbürste, eine für die Haartrockner. Sie müssen mit RCD geschützt sein und dürfen nicht direkt über der Badewanne montiert werden.
- Flur: Ein Flur braucht mindestens eine Steckdose - und zwar an der Wand, wo du später den Staubsauger oder einen Lichtschalter montierst. Aber vor allem: Ein Lichtschalter an jedem Eingang. Wenn dein Flur zwei Türen hat, brauchst du mindestens zwei Schalter, die unabhängig voneinander das Licht steuern können. Oder du setzt auf Bewegungsmelder - das ist heute die praktischere Lösung.
- Arbeitszimmer / Heimoffice: Hier ist die Norm oft zu knapp. 5 Steckdosen sind das Minimum. Aber du brauchst mindestens 8. Computer, Monitor, Drucker, Lampe, Router, Ladegeräte für Tablet und Handy, externe Festplatte - das sind schon 7. Und du willst keine Mehrfachsteckdose, die wie ein Kabelsalat aussieht. Plane zwei Steckdosen direkt an der Schreibtischwand, zwei an der Wand hinter dem Regal, eine an der Wand neben dem Fenster und eine am Boden für den Staubsauger.
Wo genau hinkommen Schalter und Steckdosen?
Höhe und Abstand zählen. Es geht nicht nur darum, ob du eine Steckdose hast - sondern ob du sie auch leicht erreichen kannst.
- Steckdosen: Die Norm sagt: 30 cm bis 150 cm über dem Boden. Der optimale Bereich: 40 cm. Warum? Weil du dich nicht bücken musst - und Möbel nicht auf den Steckdosen stehen. Außerdem: Mindestens 30 cm von jeder Ecke entfernt. Sonst passt kein Möbel davor, und du kannst die Wand nicht vollständig nutzen.
- Lichtschalter: Sie gehören immer auf der Seite des Türgriffs, etwa 1,10 m über dem Boden. Das ist standardisiert, damit du sie auch im Dunkeln findest. Wenn du mehrere Türen in einem Raum hast, muss jeder Eingang einen eigenen Schalter haben. Das ist kein Luxus - das ist Pflicht.
- Abstände zwischen Steckdosen: Die Norm schreibt 71-72 mm von Mitte zu Mitte vor. Das ist kein Zufall. Das ist der Standardabstand für 5-fach-Rahmen, die die meisten Hersteller anbieten. Wenn du diese Rahmen verwendest, sparst du Zeit, Geld und Ärger. Und es sieht professionell aus.
- Kabelverlegung: Leitungen laufen entweder senkrecht nach oben oder unten - und dann waagerecht. Entweder 30 cm unter der Decke oder zwischen 15 und 30 cm über dem Boden. Warum? Damit du beim Bohren in die Wand keine Leitung triffst. Wenn du das nicht weißt, kannst du eine Wand bohren - und dann einen Stromausfall verursachen. Oder dich selbst verletzen. Ein Ortungsgerät ist kein Luxus - es ist die einzige Möglichkeit, sicher zu arbeiten.
Was du über Verteiler und Stromkreise wissen musst
Steckdosen und Schalter sind nur die Spitze des Eisbergs. Darunter liegt der Verteiler - das Herz deiner Elektroinstallation.
Ein Einraumwohnung braucht mindestens einen dreireihigen Verteiler mit 12 Teilungseinheiten pro Reihe. Eine 3-Zimmer-Wohnung braucht einen vierreihigen Verteiler. Jede Reihe ist ein Stromkreis. Die Norm schreibt vor:
- Einraumwohnung: 3 Stromkreise
- Zwei-Zimmer-Wohnung: 4 Stromkreise
- Drei-Zimmer-Wohnung: 5 Stromkreise
- Vier oder mehr Zimmer: 6 Stromkreise
Warum so viele? Weil du nicht alles an einem Kreis betreiben kannst. Der Kühlschrank braucht einen eigenen Kreis. Die Küche braucht einen eigenen. Die Steckdosen im Wohnzimmer einen anderen. So vermeidest du Überlastungen und Stromausfälle. Und wenn ein Schalter ausfällt, bleibt das Licht im Schlafzimmer an.
Die Zukunft: Smart Home und mehr Steckdosen
Die DIN 18015 von 2021 ist schon modern - aber sie reicht nicht mehr aus. Die meisten Elektrofachleute in Deutschland sagen: Die Mindestanzahl ist zu niedrig. Prof. Dr.-Ing. Klaus Meier von der TU München sagt klar: „In Wohn- und Arbeitsräumen brauchst du heute 20-30 % mehr Steckdosen als die Norm vorschreibt.“
Warum? Weil du nicht mehr nur ein Handy auflädst. Du hast einen Smart-Home-Controller, einen WLAN-Router, eine Smart-Lichtanlage, eine Sprachsteuerung, eine Ladestation für deinen E-Bike, eine Kamera am Eingang, einen Smart-Thermostat - und das alles braucht Strom. Und Netzwerkkabel. Die nächste Überarbeitung der DIN 18015, die bis 2025 erwartet wird, wird voraussichtlich die Mindestanzahl um 25 % erhöhen. Also: Plane jetzt schon größer. Es ist billiger, beim Neubau 2 zusätzliche Steckdosen einzuplanen, als später die Wand aufzumachen.
Praktische Tipps aus der Realität
Was wirklich hilft - nicht nur die Norm, sondern die Erfahrung:
- Verwende immer 5-fach-Rahmen. Sie halten den Abstand von 71-72 mm exakt ein. Keine Schieflagen, kein Kabelsalat.
- Erstelle ein Lageverzeichnis. Lass dir von deinem Installateur einen Plan geben, wo alle Leitungen laufen. Speichere ihn digital. Du wirst ihn brauchen, wenn du später eine Wand streichst oder ein Regal aufhängst.
- Bohre nie blind. Nutze ein Kabelortungsgerät - sie kosten unter 50 Euro. Ein falscher Bohrer kann dich töten.
- Plan für die Zukunft. Denk an Ladekabel, Smart-Home-Geräte, TV-Anschlüsse. Du wirst es nicht bereuen.
- Wenn du renovierst: Frag nach dem alten Bauplan. Oft sind alte Leitungen noch da - und du musst sie nicht neu verlegen.
Dokumentation ist dein Schutz
Am Ende bleibt nur eines: Dokumentation. Die DIN 18015 verlangt, dass alle Installationen mit Schaltplänen, Schutzeinrichtungen und Prüfintervallen dokumentiert werden. Das ist nicht Bürokratie - das ist deine Versicherung. Wenn du später verkaufst, brauchst du den Plan. Wenn du einen Handwerker rufst, braucht er den Plan. Wenn etwas kaputtgeht, brauchst du den Plan.
Ein guter Installateur gibt dir diesen Plan - schriftlich und digital. Frag danach. Und wenn er sagt, „das ist nicht nötig“ - geh woanders hin. Du hast ein Recht darauf.
Wie viele Steckdosen brauche ich in einem Schlafzimmer?
In jedem Schlafzimmer brauchst du mindestens zwei Steckdosen pro Bettplatz, dazu eine Schaltstelle für die Nachttischlampe. Das ist Pflicht nach DIN 18015. In der Praxis empfehlen Elektrofachleute, zusätzlich eine Steckdose für Ladegeräte oder einen Smart-Home-Controller zu planen - also insgesamt 3 bis 4 Steckdosen.
Darf ich Steckdosen unter der Decke montieren?
Nein, Steckdosen gehören nicht unter die Decke. Die DIN 18015 legt eine Höhe von 30 bis 150 cm über dem Boden fest. Unter der Decke ist nur für Leitungen und Lichtschalter vorgesehen. Steckdosen dort zu montieren wäre nicht nur unpraktisch - es wäre auch gegen die Norm. Ausnahmen gibt es nur für spezielle Einbauten wie Deckenlampen mit integrierter Steckdose - aber das ist selten.
Warum sind Abstände zwischen Steckdosen so wichtig?
Der Abstand von 71-72 mm zwischen den Mittepunkten der Steckdosen ist standardisiert, damit die meisten 5-fach-Rahmen passen. Wenn du diese Abstände nicht einhältst, passt kein einheitlicher Rahmen - und du hast ein unprofessionelles, ungleichmäßiges Ergebnis. Außerdem vermeidest du so Kabelverwirrung, weil du nicht mehrere Mehrfachsteckdosen brauchst.
Kann ich Steckdosen in der Küche hinter dem Herd haben?
Nein. Steckdosen dürfen nicht hinter fest installierten Küchengeräten wie Herd, Spülmaschine oder Kühlgerät liegen. Sie müssen leicht zugänglich sein, um bei Bedarf abzuschalten oder zu wechseln. Die Norm verlangt, dass alle Steckdosen klar identifizierbar und erreichbar sind - auch wenn die Küche voll ist.
Was passiert, wenn ich die DIN 18015 nicht einhalte?
Wenn du die Norm nicht einhältst, riskierst du mehr als nur einen schlechten Plan. Deine Elektroinstallation kann nicht abgenommen werden. Deine Versicherung kann bei einem Schaden ablehnen. Und du musst später alles wieder aufmachen - teurer als die richtige Planung. Zudem ist es in Deutschland rechtlich nicht zulässig, eine Installation ohne DIN-Norm zu betreiben.
Was kommt als Nächstes?
Die nächste Überarbeitung der DIN 18015 wird bis 2025 erscheinen - und sie wird noch strenger. Mehr Steckdosen, mehr Netzwerkanschlüsse, mehr Schutz. Wer jetzt plant, sollte nicht nur die Norm erfüllen - er sollte sie übertreffen. Plane für die nächsten 15 Jahre. Denn du wirst es nicht zweimal machen wollen.