- von Benjamin Alisic
- an 6 Nov, 2025
Wenn du in deiner eigenen Wohnung renovierst, willst du nicht, dass dein Schlafzimmer wie eine Baustelle aussieht. Doch egal, ob du eine Wand streichst, den Boden entfernst oder die Heizung tauscht - Staub und Schmutz verbreiten sich schneller, als du denkst. Und das ist nicht nur ärgerlich. Feiner Baustaub kann deine Lunge schädigen, deine Möbel verkratzen und deine Gesundheit langfristig gefährden. Seit 2019 gibt es in Deutschland klare Regeln: Wer in bewohnten Räumen arbeitet, muss den Staub systematisch eindämmen. Es geht nicht mehr um "ein bisschen abkleben". Es geht um professionellen Staubschutz.
Warum reicht einfaches Abkleben nicht mehr?
Viele Handwerker denken noch: "Ich lege eine Plane auf den Boden, klebe die Tür zu - fertig." Aber das ist heute nicht mehr ausreichend. Feine Staubpartikel, kleiner als 10 Mikrometer, fliegen durch kleinste Ritzen, unter Türen hindurch und selbst durch Luftzug. Ein einfacher Staubsauger, den du aus dem Keller holst, fängt nur grobe Partikel. Er hat keinen HEPA-13-Filter. Und das ist das Problem. HEPA-13-Filter halten 99,95 % aller Partikel bis zu 0,3 Mikrometer zurück. Das sind die Partikel, die tief in die Lunge gelangen und zu Asthma, Allergien oder sogar Lungenkrebs beitragen können. Die Technische Regel für Gefahrstoffe TRGS 521 schreibt das seit 2019 vor. Wer das ignoriert, handelt nicht nur unprofessionell - er bricht das Gesetz.Die vier Säulen des professionellen Staubschutzes
Ein wirkungsvoller Staubschutz besteht aus vier ineinandergreifenden Maßnahmen. Keine davon allein reicht. Nur zusammen wirken sie.- Schmutzschleusen: Das ist der erste Punkt, den du siehst, wenn du in eine renovierte Wohnung trittst. Eine Art Vorraum mit zwei Türen oder einer doppelten Folienwand. Hier kannst du deine Schuhe ausziehen, bevor du in den sauberen Bereich gehst. Jeder Schritt, der Staub mitbringt, wird hier abgefangen. Die meisten Betriebe vergessen das - aber es ist der einfachste Weg, um die Reinheit zu bewahren.
- Staubschutztüren und -wände: Kein Klebeband. Kein normales Plastik. Es muss stabil, dicht und rissfest sein. Meistens aus PVC-Folie mit einer Dicke von 200 g/m². Diese Folien werden mit Teleskopsystemen in Türrahmen eingespannt - ohne Bohren, ohne Beschädigung. Sie verschließen den Raum komplett. Und sie haben eine Durchführung für Kabel und Schläuche - nicht einfach ein Loch, sondern eine abgedichtete Öffnung. 58 % der Betriebe machen das falsch. Sie bohren einfach ein Loch. Und schon dringt Staub aus dem Arbeitsraum in die Wohnung.
- Bauluftreiniger mit HEPA 13: Das Herzstück. Ein Gerät, das die Luft im Arbeitsraum ständig reinigt. Für einen Raum von 50 m² brauchst du mindestens 625 m³/h Luftdurchsatz. Das bedeutet: Die gesamte Luft im Raum muss fünfmal pro Stunde durch den Filter laufen. Ein gutes Gerät filtert nicht nur Staub, sondern auch Holzstaub, Gips, Asbest-Reste und Metallfeinstaub. Die besten Modelle wie der "Staubfresser" oder das "Roomclean-Duo" kosten zwischen 1.200 und 2.500 Euro. Aber sie senken die Staubkonzentration von 10 mg/m³ auf unter 0,15 mg/m³ - weit unter den gesetzlichen Grenzwert von 1,25 mg/m³.
- Unterdrucksystem: Hier kommt der Trick: Der Luftreiniger steht nicht im Arbeitsraum, sondern außerhalb. Er saugt die verunreinigte Luft durch einen Schlauch aus dem Raum ab und filtert sie. Das erzeugt einen leichten Unterdruck im Arbeitsraum. Die Folge? Kein Staub kann nach draußen entweichen - er wird nach innen gezogen und gefiltert. Das ist der entscheidende Unterschied zu einem einfachen Luftreiniger, der nur die Luft im Raum reinigt, aber nicht verhindert, dass Staub nach außen strömt.
Kosten: Ist das wirklich nötig?
Ja. Und es ist günstiger, als du denkst. Die zusätzlichen Kosten für professionellen Staubschutz liegen bei 3-5 % der Gesamtreparaturkosten. Bei einer 15.000-Euro-Renovierung sind das 450 bis 750 Euro. Vergleiche das mit den Folgen: Ein Kunde, der nach der Renovierung einen Allergieanfall hat, klagt. Ein Möbelstück, das durch Staub verkratzt ist, muss ersetzt werden. Eine Wohnung, die drei Wochen lang nicht bewohnbar ist, weil der Staub nicht rauskommt - das kostet mehr als 1.000 Euro. Eine Studie mit 1.200 Renovierungen zeigte: Kunden, die professionellen Staubschutz nutzen, reichen 87 % weniger Reklamationen ein. Das ist kein Luxus. Das ist Versicherung.
Was funktioniert nicht?
Einige Methoden sind nur Scheinschutz. Sie sehen gut aus, aber sie wirken nicht.- Standard-Baustaubsauger: Die billigen Modelle von 150 Euro haben HEPA-10-Filter. Die fangen nur Partikel ab, die größer als 1 Mikrometer sind. Der gefährliche Feinstaub fliegt einfach durch.
- Staubsauger im Raum: Wenn du den Luftreiniger mitten im Arbeitsraum aufstellst, verteilst du den Staub noch mehr. Die Luft wird nicht abgezogen - sie wird nur umgewirbelt.
- Abkleben mit Klebeband: Es hält keine 24 Stunden. Staub dringt durch, besonders bei Bohrarbeiten. Und wenn du die Folie abziehst, fliegt der ganze Staub auf.
- Keine Dokumentation: Wer kein Protokoll führt, wer nicht aufschreibt, welches Gerät wann eingesetzt wurde und welche Messwerte er hatte - der hat im Streitfall keine Beweise. Die Handwerkskammer verlangt das. Und wenn du vor Gericht stehst, zählt nur das Papier.
Praktische Schritt-für-Schritt-Anleitung
So machst du es richtig:- Vorarbeit: Räume, die nicht betroffen sind, mit einem 200 g/m²-Vlies abdecken. Das schützt den Boden vor Flüssigkeiten und Kratzern. Dauer: 15-30 Minuten pro Raum.
- Schmutzschleuse aufbauen: Eine zweite Tür oder eine doppelte Folienwand vor dem Eingang zum Arbeitsraum. Die erste Tür bleibt geschlossen, bis du reingehst. Die zweite Tür öffnest du erst, wenn du deine Schuhe abgestellt hast.
- Staubschutztür installieren: Die PVC-Folie in den Türrahmen spannen. Keine Bohrungen. Keine Nägel. Nur Teleskop-Schienen. Die Durchführung für den Schlauch muss mit einer Dichtung versehen sein - nicht einfach ein Loch.
- Unterdrucksystem einrichten: Den Luftreiniger außerhalb des Raums stellen. Den Ansaugschlauch durch die Durchführung führen. Den Ventilator auf "Unterdruck" stellen. Prüfe, ob die Folie leicht nach innen gedrückt wird - das ist ein Zeichen für funktionierenden Unterdruck.
- Kontrolle: Alle zwei Stunden mit einem Anemometer die Luftwechselrate messen. Wenn sie unter 5 pro Stunde fällt, musst du den Luftreiniger wechseln oder verstärken.
- Dokumentation: Jeden Tag notieren: Welche Arbeiten? Welches Gerät? Welche Messwerte? Wer hat es kontrolliert? Das ist dein Schutz im Falle einer Klage.
Was ist neu im Jahr 2025?
Die Technik entwickelt sich. Seit Anfang 2023 gibt es smarte Luftreiniger wie den Kärcher MC 3000 Connect. Der misst die Luftqualität automatisch, passt die Leistung an und sendet Daten per App an dein Handy. Du siehst sofort, ob der Filter müde wird oder der Unterdruck nicht mehr stimmt. Das ist kein Spielzeug - das ist professionelle Arbeit. Die EU plant für 2025 noch strengere Grenzwerte. Dann wird es noch wichtiger, auf HEPA 13 zu setzen. Auch neue Systeme wie das "Roomclean-Duo" mit Wasserbad-Filterung reduzieren den Staub um 98 %. Das ist kein Zukunftsträumerei - das ist heute schon erhältlich.Was passiert, wenn du es falsch machst?
Ein Installateur aus Berlin hat den Luftreiniger im Arbeitsraum aufgestellt - statt außerhalb. Ergebnis: Der Staub wurde noch stärker verteilt. Die Kunden klagten. Der Handwerker musste 3.200 Euro für Reinigung und Schadensersatz zahlen. Ein anderer Betrieb hat die Schmutzschleuse vergessen. Die Familie musste drei Wochen lang in einer Ferienwohnung wohnen, weil der Staub nicht mehr rausging. Die Kosten: 7.500 Euro. Und das alles, weil jemand dachte: "Das ist doch nur ein bisschen Staub."Wie lernst du es richtig?
Die Handwerkskammer München bietet seit 2022 zertifizierte Schulungen an. 8 Stunden, 295 Euro. 92 % der Teilnehmer sagen, sie hätten danach endlich verstanden, wie es funktioniert. Solo-Handwerker brauchen durchschnittlich fünf Projekte, bis sie es sicher beherrschen. Betriebe mit mehr als 10 Mitarbeitern lernen es in drei Projekten. Das liegt nicht an Talent - das liegt an Struktur. Wer das nicht lernt, verliert Kunden. Und am Ende auch sein Geschäft.Wie teuer ist professioneller Staubschutz wirklich?
Die Kosten liegen bei 3-5 % der Gesamtreparaturkosten. Bei einer 15.000-Euro-Renovierung sind das 450-750 Euro. Das ist weniger als ein neues Sofa. Aber es verhindert teure Reklamationen, Schadensersatz und verlorene Kunden. Die meisten Handwerker, die es einsetzen, sagen: "Es hat sich schon nach dem ersten Projekt bezahlt gemacht."
Kann ich einen normalen Staubsauger als Bauluftreiniger nutzen?
Nein. Normale Staubsauger haben HEPA-10-Filter. Die fangen nur Partikel ab, die größer als 1 Mikrometer sind. Der gefährliche Feinstaub (unter 0,3 Mikrometer) fliegt einfach durch. Nur HEPA-13-Filter halten 99,95 % aller Partikel bis 0,3 Mikrometer zurück. Das ist der gesetzliche Standard für bewohnte Räume.
Warum muss der Luftreiniger außerhalb des Raums stehen?
Weil er dann einen Unterdruck erzeugt. Das bedeutet: Die Luft strömt von außen nach innen - nicht umgekehrt. So kann kein Staub aus dem Arbeitsraum in die Wohnung entweichen. Wenn der Luftreiniger im Raum steht, saugt er nur die Luft dort rein, aber der Staub verteilt sich weiter durch die Luftbewegung. Der Unterdruck ist der Schlüssel.
Was passiert, wenn ich die Vorschriften ignoriere?
Du riskierst Bußgelder bis zu 25.000 Euro, wenn du bei einer Kontrolle erwischt wirst. Außerdem verlierst du Kunden. Und du setzt die Gesundheit deiner Kunden und deiner Mitarbeiter aufs Spiel. Die Berufsgenossenschaft Bau prüft immer öfter. Und die Reklamationen von betroffenen Familien nehmen zu.
Gibt es Alternativen zu HEPA-13-Filtern?
Nur wenn du staubarme Techniken verwendest. Zum Beispiel Nassschleifen statt trocken schleifen, oder Bohrer mit Wasserkühlung. Das ist die beste Lösung - du vermeidest den Staub ganz. Aber das funktioniert nicht bei allen Arbeiten. Deshalb bleibt der HEPA-13-Filter die verlässlichste Methode, um den gesetzlichen Vorgaben zu entsprechen.