- von Helmut Schröder
- an 19 Okt, 2025
Warum Ihr Fenster und Ihre Türen mehr leisten müssen, als nur zu öffnen und zu schließen
Stellen Sie sich vor, Ihr Haus ist wie ein verschlossener Sack. Alles ist dicht - bis auf ein paar kleine Löcher. Jetzt blasen Sie hinein. Was passiert? Die Luft entweicht. Genau das passiert in fast jedem Haus, das keinen Blower-Door-Test gemacht hat. Und die größten Löcher? Sie sind nicht in der Wand. Sie sind an Ihren Fenstern und Türen. Bis zu 50 % aller Luftlecks kommen genau von dort. Das ist kein kleiner Verlust. Das ist ein Heizkostenkiller. Und es ist vollkommen vermeidbar.
Der Blower-Door-Test ist nicht irgendein technisches Spielzeug. Er ist die einzige Methode, die messbar, gesetzlich anerkannt und wirklich aussagekräftig zeigt, wo Ihre Gebäudehülle undicht ist. Und bei Fenstern und Türen ist das besonders kritisch. Denn diese Bauteile sind nicht nur die meistgenutzten Öffnungen im Haus - sie sind auch die am häufigsten falsch montierten. Ein Fenster, das nach Herstellerangaben dicht sein soll, kann trotzdem Luft lassen. Warum? Weil die Anschlussfuge zwischen Rahmen und Wand nicht richtig gedämmt oder abgedichtet wurde. Das sieht man nicht mit bloßem Auge. Aber der Blower-Door-Test zeigt es - mit Zahlen.
Wie funktioniert ein Blower-Door-Test wirklich?
Der Test ist simpel, aber genial. Ein großer Ventilator, meist 1,20 Meter Durchmesser, wird in eine Türöffnung eingebaut - entweder in eine Außentür oder eine spezielle Testtür. Dann wird der Raum unter Druck gesetzt oder unter Vakuum. Ziel: 50 Pascal Druckdifferenz zwischen innen und außen. Das entspricht einem Wind von etwa 12 km/h, der von allen Seiten gegen Ihr Haus bläst. Jetzt misst das Gerät, wie viel Luft pro Stunde durch die Hülle entweicht. Das Ergebnis ist der n50-Wert: Luftwechselrate pro Stunde bei 50 Pa.
Was bedeutet das? Der Gesetzgeber sagt: Nach dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) darf der n50-Wert nicht über 3,0 h⁻¹ liegen. Das ist die Mindestanforderung. Aber wer ein KfW-Effizienzhaus baut, muss bei 1,0 h⁻¹ oder sogar darunter liegen. Das ist ein riesiger Unterschied. Ein Haus mit n50 = 3,5 h⁻¹ verliert so viel Wärme, als ob es ein Fenster den ganzen Winter über gekippt hätte. Und das ist kein Einzelfall. Laut einer Umfrage des ZVDH sind 20-30 % der untersuchten Gebäude nicht dicht genug - und die meisten Probleme sitzen an Fenster- und Türanschlüssen.
Der Test läuft in drei Phasen: Unterdruck, dann steigender Druck bis 100 Pa, dann Überdruck. Das ist wichtig, denn manche Leckagen zeigen sich nur bei einem bestimmten Druck. Ein Fenster, das bei Unterdruck undicht ist, könnte bei Überdruck dicht sein - oder umgekehrt. Nur die vollständige Messung gibt ein echtes Bild.
Was macht den Blower-Door-Test besser als Thermografie oder Sichtprüfung?
Viele Handwerker schwören auf Wärmebildkameras. Die zeigen warme Stellen - und das ist gut. Aber sie zeigen nicht, wie viel Luft fließt. Eine Thermografie kann Ihnen sagen: „Da ist eine Kältebrücke.“ Aber nicht, ob das 1 Liter Luft pro Minute oder 10 Liter sind. Und das ist der entscheidende Unterschied. Der Blower-Door-Test misst Quantität. Er sagt: „Ihr Haus verliert 4,2 Kubikmeter Luft pro Stunde bei 50 Pa.“ Das ist messbar. Das ist nachweisbar. Das ist der Grund, warum nur dieser Test für die Energieausweise und KfW-Förderung akzeptiert wird.
Sichtprüfung? Die hilft nur, wenn jemand eine offene Fuge mit dem Finger berührt. Aber was ist mit feinen Rissen in der Dichtung? Mit Schrumpfungen in der Dämmung? Mit einem falsch eingebauten Luftdichtband? Das sieht man nicht. Der Blower-Door-Test hingegen erzeugt Luftströme, die man mit Rauchmaschinen sichtbar machen kann. Ein kleiner Nebelstrahl, der aus einer Fensterfuge zieht - das ist der Moment, in dem Sie wissen: Hier muss was passieren.
Wo genau lauern die größten Undichtigkeiten an Fenstern und Türen?
Nicht alle Bauteile sind gleich anfällig. Die Fehlerquellen sind immer die gleichen - und sie sind vermeidbar.
- Obere Fensterstürze (68 % aller Fehler): Hier wird oft die Dämmung nicht richtig aufgelegt. Die Fuge wird nicht vollständig abgedichtet - besonders wenn das Fenster von oben eingesetzt wird und die Dichtung nicht unter Druck kommt.
- Türschwellen (52 %): Die Schwelle ist der Bodenkontakt. Wenn hier kein dichtes Abschlussband oder eine flexible Dichtleiste sitzt, strömt Luft wie durch ein Loch. Besonders bei Holztüren, die sich mit der Luftfeuchtigkeit ausdehnen, wird das zum Problem.
- Ecken von Fensterrahmen (47 %): Die Ecken sind schwierig zu verarbeiten. Hier bricht oft die Dichtung, weil sie nicht flexibel genug ist oder nicht richtig verklebt wurde.
- Montagefugen unter dem Fensterbrett: Viele installieren das Fenster und vergessen, die Fuge darunter zu dichten. Das ist ein klassischer Fehler, den nur ein Blower-Door-Test aufdeckt.
Ein Beispiel: Ein Installateurmeister aus Sachsen hatte 12 Fenster eingebaut. Der Test ergab: 9 Anschlüsse waren undicht - alle an den Stürzen. Die Fenster waren teuer, von einem namhaften Hersteller. Aber die Montage war schlecht. Der n50-Wert lag bei 4,2 h⁻¹. Nachdem die Fugen neu gedichtet wurden, sank er auf 1,1 h⁻¹. Das spart jährlich bis zu 8 kWh pro Quadratmeter Heizwärme. Das sind für ein 150 m²-Haus über 1.200 kWh - und fast 150 € im Jahr.
Was kostet ein Blower-Door-Test - und lohnt er sich?
Ein Standard-Test für ein Einfamilienhaus bis 150 m² kostet zwischen 550 und 850 € netto. Das klingt nach viel. Aber rechnen Sie mal nach: Wenn Ihr Haus 4,2 h⁻¹ hat und Sie auf 1,1 h⁻¹ bringen, sparen Sie laut TU München bis zu 65 % der Nachbesserungskosten. Warum? Weil Sie die Leckagen finden, bevor die Wand verputzt wird. Wenn Sie den Test erst nach der Fertigstellung machen, müssen Wände aufgemacht, Dichtungen nachgebessert, Putz erneuert werden - das kostet 2.000 € und mehr. Der Test ist eine Investition in Qualität - nicht eine Ausgabe.
Und wenn Sie Förderung wollen? KfW-Effizienzhäuser verlangen den Test. Ohne ihn gibt es keinen Zuschuss. Selbst wenn Sie keine Förderung brauchen - wer will schon unnötig Heizkosten zahlen? Ein Test ist die Versicherung, dass Ihr Haus das tut, was es soll: warm halten, ohne Energie zu verschwenden.
Wann muss der Test gemacht werden - und was muss vorher passieren?
Der Test kann erst durchgeführt werden, wenn alle Fenster und Türen montiert sind. Das ist ein Nachteil. Denn ideal wäre es, die Dichtung schon während der Montage zu prüfen. Aber das geht nicht mit dem Blower-Door-Test. Deshalb: Machen Sie ihn früh genug - aber nicht zu früh.
Vorbereitung ist alles:
- Alle Fenster und Türen müssen geschlossen und verriegelt sein.
- Alle Lüftungsanlagen, Kaminöfen und Dunstabzugshauben müssen abgeschaltet und verschlossen werden.
- Temporäre Öffnungen (z. B. für Baustellenklimaanlagen) müssen abgedichtet sein.
- Die Innenseiten der Außenwände müssen zugänglich sein - keine Möbel davor stellen.
- Die Dampfbremse muss intakt sein. Ein Riss kann bei 50 Pa Druck reißen - und dann ist der Test ungültig.
Ein Fehler, den viele machen: Sie lassen den Test von jemandem machen, der nur den Ventilator aufstellt, die Zahlen abliest - und dann geht’s weiter. Aber das ist kein echter Test. Ein guter Prüfer sucht mit Rauchmaschine, Infrarotkamera und Luftgeschwindigkeitsmesser jede Fuge ab. Er dokumentiert jede Leckage mit Foto und Position. Nur so können Sie nachbessern - und beweisen, dass es jetzt dicht ist.
Was kommt als Nächstes? Die Zukunft der Luftdichtheit
Die EU-Taxonomie wird ab 2025 strengere Anforderungen stellen. Der Grenzwert für n50 soll auf 0,6 h⁻¹ sinken. Das ist kein Traum. Das ist Realität. In Schweden und Dänemark ist das schon Standard. In Deutschland wird es kommen - und zwar schneller, als viele denken.
Die Technik entwickelt sich auch. Neue Geräte wie der Wöhler BC 600 verbinden den Test mit einer App. Die erkennt automatisch die Position der Leckage, fotografiert sie und speichert sie mit GPS. Das heißt: Kein Papierkram mehr. Kein „Ich glaube, es war links vom Fenster“. Jetzt wissen Sie genau: Fenster 3, rechte Seite, 15 cm unterhalb des Sturzes.
Und bald wird man Leckagen schon im Planungsstadium erkennen - durch BIM-Modelle, die mit Luftströmungssimulationen arbeiten. Aber das ist Zukunft. Heute zählt: Machen Sie den Test. Jetzt. Bevor Sie Ihr Geld für Heizkosten verschenken.
Was passiert, wenn Sie den Test ignorieren?
Ein Schreinermeister aus Thüringen hatte ein Projekt, bei dem er nach der Fertigstellung den Test durchführen ließ. Ergebnis: Massive Undichtigkeiten an den Türanschlüssen. Der Fensterbauer weigerte sich, die Arbeiten nachzubessern. Der Kunde klagte. Die Kosten: 3.500 € - und ein verlorener Auftrag. Der Test hätte das verhindert. Er ist nicht nur ein Nachweis. Er ist ein Schutz.
Ignorieren Sie den Test, und Sie riskieren:
- Höhere Heizkosten - oft über 20 % mehr
- Kondenswasser und Schimmel an Fenstern und Wänden
- Keine KfW-Förderung - und damit verpasste Zuschüsse von mehreren tausend Euro
- Rechtsstreitigkeiten mit Handwerkern, wenn die Dichtigkeit nicht nachgewiesen werden kann
Es gibt keinen vernünftigen Grund, den Test zu vermeiden. Er ist nicht teuer. Er ist nicht kompliziert. Er ist einfach notwendig.
Was ist der n50-Wert und warum ist er wichtig?
Der n50-Wert gibt an, wie oft die Luft in Ihrem Haus pro Stunde bei einer Druckdifferenz von 50 Pascal ausgetauscht wird. Ein Wert von 3,0 h⁻¹ ist die gesetzliche Obergrenze nach GEG. Ein Wert unter 1,0 h⁻¹ ist der Standard für KfW-Effizienzhäuser. Je niedriger der Wert, desto dichter ist Ihr Haus - und desto weniger Energie verlieren Sie.
Kann ich den Test selbst machen?
Technisch ja - Geräte sind mietbar. Aber ohne Erfahrung und die richtige Auswertung ist das sinnlos. Die Messung ist nur die Hälfte. Die Identifikation der Leckagen, die Dokumentation und die Interpretation der Ergebnisse erfordern Fachwissen. Ein falsch durchgeführter Test führt zu falschen Schlüssen - und das kann teuer werden.
Wie lange dauert ein Blower-Door-Test?
Für ein Einfamilienhaus mit 150 m² Grundfläche braucht ein erfahrener Prüfer 2 bis 3 Stunden. Das beinhaltet Vorbereitung, Messung, Lokalisierung der Leckagen und Dokumentation. Eine reine Thermografie dauert nur 30-60 Minuten - aber sie liefert keine messbaren Werte und ist nicht gesetzlich anerkannt.
Wann ist der beste Zeitpunkt für den Test?
Der beste Zeitpunkt ist kurz vor der Endabnahme - aber noch bevor Wände verputzt oder Fußböden verlegt werden. So können Undichtigkeiten an Fenster- und Türanschlüssen noch einfach und kostengünstig nachgebessert werden. Ein Test nach der Fertigstellung ist möglich, aber oft teurer und aufwändiger.
Was kostet eine Nachbesserung nach einem schlechten Test?
Die Kosten hängen davon ab, wie viele Leckagen es gibt und wo sie liegen. Bei 5-10 undichten Fenster- oder Türanschlüssen liegen die Kosten meist zwischen 500 und 1.500 € - für Dichtband, Dichtmasse, neue Dichtungen und Montage. Das ist viel weniger als die Heizkosten, die Sie über Jahre verlieren - oder als die Nachbesserungskosten, wenn die Wände schon verputzt sind.