Altbaurenovierung realistisch kalkulieren: Aufwand, Dauer und Risiken

Altbaurenovierung realistisch kalkulieren: Aufwand, Dauer und Risiken
Altbaurenovierung realistisch kalkulieren: Aufwand, Dauer und Risiken
  • von Benjamin Alisic
  • an 27 Nov, 2025

Ein Altbau zu sanieren klingt nach einem Traum: mehr Platz, wärmere Zimmer, niedrigere Heizkosten. Doch wer schon einmal ein Haus aus den 1950er oder 60er Jahren renoviert hat, weiß: Der Traum kann schnell zur Kostenfalle werden. Altbaurenovierung ist kein Projekt, das man mit einem Blick auf die Baupläne und ein paar Online-Rechnern startet. Es braucht Realismus, Vorbereitung und vor allem: einen Puffer, den die meisten nicht einplanen.

Wie viel kostet eine Altbausanierung wirklich?

Die Zahlen, die man im Internet findet, sind oft irreführend. 400 Euro pro Quadratmeter? 1.000 Euro? Beides kann stimmen - aber nur unter ganz bestimmten Bedingungen. Ein Haus aus den 1980er Jahren mit modernen Fenstern und einer halbwegs intakten Heizung kostet deutlich weniger als ein Bau aus 1955 mit Asbest in den Bodenplatten, undichten Fenstern und einer alten Ölofenheizung.

Die Sparkasse listet konkrete Kosten auf: Ein neues Dach mit Dämmung kostet zwischen 150 und 250 Euro pro Quadratmeter. Die Fassadendämmung, die oft nötig ist, kommt auf 100 bis 150 Euro pro Quadratmeter. Neue Fenster? Das sind 700 bis 1.200 Euro pro Stück - und bei einem Einfamilienhaus braucht man oft acht bis zwölf davon. Eine moderne Fußbodenheizung oder eine Luft-Wasser-Wärmepumpe schlägt mit 15.000 bis 25.000 Euro zu Buche. Und das sind nur die sichtbaren Kosten.

Was viele vergessen: Die versteckten Arbeiten. Die Elektrik in einem Altbau ist oft nicht mehr sicher. Alte Leitungen aus Blei oder Asbestisolierung müssen raus. Das kostet 50 bis 80 Euro pro Quadratmeter - aber nur, wenn man sie überhaupt erkennt. Erst wenn die Wände aufgebrochen werden, sieht man, wie schlecht der Zustand wirklich ist. Ein Haus aus den 1950er Jahren hat laut einer TU München-Studie in 45 % der Fälle Asbest. In 38 % ist Schimmel bereits in den Wänden. Das sind nicht kleine Probleme. Das sind Sanierungsprojekte innerhalb des Projekts.

Wie lange dauert eine Sanierung - und warum dauert es immer länger?

Die Planung sagt: sechs Monate. Die Realität sagt: neun Monate. Warum?

Erstens: Lieferengpässe. Wer 2023 oder 2024 Fenster bestellt, die denkmalgeschützt sein müssen, muss mit drei bis vier Wochen Wartezeit rechnen. Dämmstoffe aus Holzfaser oder Mineralwolle sind oft nicht sofort verfügbar. Zweitens: Wetter. Dacharbeiten und Fassadenarbeiten lassen sich bei Regen oder Frost nicht machen. Zwei bis drei Wochen Verzögerung sind normal. Drittens: Koordination. Ein Handwerker kommt, macht seine Arbeit, aber der nächste ist krank oder hat andere Termine. Das schiebt alles nach hinten. Ein bis zwei Wochen sind da schnell drauf.

Und dann gibt es noch die Denkmalschutzbehörde. Wenn Ihr Haus unter Denkmalschutz steht, brauchen Sie eine Genehmigung für jedes Fenster, jede Dachrinne, jede Fassadenfarbe. Das dauert durchschnittlich acht bis zwölf Wochen. Ohne Genehmigung? Bußgelder bis zu 500.000 Euro - und der Befehl, alles wieder zurückzubauen. Das ist kein Risiko, das man unterschätzen darf.

Die größten Risiken - und wie man sie vermeidet

Die meisten Sanierungen überschreiten das Budget. Laut Studien sind es 68 % aller Fälle. Warum? Weil die Leute glauben, sie wüssten, was sie tun.

Das größte Risiko ist die falsche Reihenfolge. Wer zuerst die Wände streicht, dann die Fenster einbaut und erst danach die Dämmung macht, hat später Probleme mit Feuchtigkeit. Wer die Heizung wechselt, bevor er die Dämmung macht, zahlt doppelt. Die Akademie Herkert sagt: Eine falsche Gewerkreihenfolge kostet durchschnittlich 12 % mehr. Das ist kein kleiner Fehler. Das ist ein halbes Auto.

Ein weiteres Risiko: der Energieberater. Viele sparen ihn sich. Sie denken: „Ich kenne mein Haus.“ Aber ein Energieberater mit Thermografie-Kamera findet Schwachstellen, die man mit dem Auge nicht sieht. Eine thermografische Untersuchung kostet 300 bis 500 Euro. Sie spart aber bis zu 15 % an unnötigen Sanierungsmaßnahmen. Das ist eine Investition, die sich in Wochen amortisiert.

Und dann ist da noch die Förderung. Die BEG (Bundesförderung für effiziente Gebäude) zahlt bis zu 25 % der Kosten - aber nur, wenn man alles richtig macht. Die Anträge sind komplex. Viele Eigentümer verzichten, weil sie die Formulare nicht verstehen. Dabei ist die BEG die größte finanzielle Unterstützung, die es gibt. Wer sie nicht nutzt, gibt Geld auf der Straße.

Zeitlinie zeigt Verzögerungen bei der Sanierung eines Altbauhauses durch Wetter und Lieferengpässe.

Wie viel Puffer braucht man wirklich?

Ein Puffer von 10 % ist zu wenig. 15 % ist das Minimum. 20 % ist besser. Die Sparkasse empfiehlt 15 bis 20 % des Gesamtbudgets als Reserve. Warum? Weil in 78 % der Fälle die Amortisationszeit unter 15 Jahren liegt - aber nur, wenn man die Kosten nicht überschreitet.

Ein Beispiel: Ein Haus von 120 Quadratmetern. Geplante Kosten: 120.000 Euro. Puffer: 20 % = 24.000 Euro. Gesamtbudget: 144.000 Euro. Was passiert, wenn Asbest im Estrich gefunden wird? Wenn die Heizungsleitung komplett ausgetauscht werden muss? Wenn die Fenster 20 % teurer sind als geplant? Dann ist der Puffer da. Und man kann weitermachen - ohne in die Schuldenfalle zu geraten.

Wer keinen Puffer einplant, zahlt später doppelt. Entweder durch Kredite mit hohen Zinsen - die seit 2023 von 1,33 % auf 2,11 % gestiegen sind - oder durch Abbrüche, Verschlechterungen, Stress. Die meisten, die ohne Puffer starten, verkaufen das Haus später - und verlieren Geld.

Die Förderung: Was wirklich zahlt die BEG?

Die BEG ist kein Geschenk. Sie ist eine Investition der Bundesregierung. Seit 2021 hat sie über 2,2 Milliarden Euro an Fördergeldern ausbezahlt. Im Jahr 2023 allein waren es bis September 1,05 Milliarden Euro für fast 100.000 Wohnungen.

Was wird gefördert? Dämmung, Fenster, Heizung, Lüftung. Und nicht nur das: Auch die Fachplanung und Baubegleitung - also die Kosten für Architekt oder Energieberater - werden mit 50 % bezuschusst. Wer 10.000 Euro für einen Planer ausgibt, bekommt 5.000 Euro zurück. Das ist kein kleiner Betrag.

Und die Steuern? Wer einkommensteuerpflichtig ist, kann 20 % der Sanierungskosten und 50 % der Planungskosten von seiner Steuerschuld abziehen. Das ist eine weitere, oft übersehene Unterstützung. Zusammen mit der BEG kann man bis zu 40 % der Gesamtkosten erstattet bekommen - vorausgesetzt, man macht alles richtig.

Ein Haus auf einer Waage: verborgene Kosten gegen Fördermittel und Energieeinsparungen.

Was ist mit dem Wert des Hauses?

Ein Altbau, der nicht saniert wird, verliert an Wert. Ein sanierter Altbau gewinnt. Laut sanier.de steigt der Wiederverkaufswert um 10 bis 15 %. Das ist kein kleiner Gewinn. Bei einem Haus im Wert von 300.000 Euro sind das 30.000 bis 45.000 Euro mehr.

Und die Heizkosten? Eine vollständige energetische Sanierung spart bis zu 80 % der Heizkosten. Ein Einfamilienhaus, das vorher 3.000 Euro im Jahr verbraucht, zahlt danach nur noch 600 Euro. Über 30 Jahre sind das 78.000 Euro Ersparnis. Das ist mehr als der Kaufpreis vieler Neubauten.

Die Frage ist nicht, ob man sanieren sollte. Die Frage ist: Wie macht man es richtig? Wer nur die Fenster wechselt, aber die Dämmung ignoriert, verschwendet Geld. Wer nur die Heizung wechselt, aber die Luftdichtigkeit nicht prüft, zahlt mehr als nötig.

Was tun, wenn man unsicher ist?

Fangen Sie nicht mit dem Bohrer an. Fangen Sie mit einem Gespräch an. Mit einem Energieberater. Mit einem Architekten, der Altbauten kennt. Mit einer Sanierungsberatung der Verbraucherzentrale - die oft kostenlos ist.

Stellen Sie sich diese Fragen:

  • Wie alt ist das Haus wirklich? (Baujahr ist nicht immer das Baujahr der Struktur)
  • Wurde es schon einmal saniert? Und wie?
  • Welche Teile sind noch intakt? Welche sind kritisch?
  • Wie viel kann ich mir leisten - wirklich?
  • Welche Förderung kommt für mich in Frage?
  • Bin ich bereit, 15 bis 20 % mehr zu zahlen, als geplant?

Die Antwort auf diese Fragen entscheidet, ob die Sanierung ein Erfolg wird - oder eine Belastung. Wer hier ehrlich ist, spart später Geld, Zeit und Nerven.

Was kommt als Nächstes?

Ab 2028 müssen alle neuen Heizungen 65 % erneuerbare Energien nutzen. Das ist keine Zukunftsmusik. Das ist Gesetz. Wer jetzt nicht sanieren will, wird später gezwungen - und mit noch höheren Kosten konfrontiert.

Und die Handwerker? Bis 2030 fehlen 240.000 Fachkräfte im Bauwesen. Die Wartezeiten werden länger. Die Preise steigen. Wer jetzt wartet, zahlt später mehr. Und hat weniger Auswahl.

Die Altbausanierung ist kein Luxus. Sie ist eine Notwendigkeit. Nicht nur fürs Klima. Sondern für den eigenen Geldbeutel, für den Wohnkomfort, für den Wert des Hauses. Wer sie realistisch plant, macht eine der besten Investitionen, die man als Hausbesitzer machen kann.

Wie viel Budget sollte ich für eine Altbausanierung einplanen?

Ein realistischer Ansatz ist ein Budget von 400 bis 1.000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Aber das ist nur die Grundlage. Sie sollten mindestens 15 bis 20 % als Puffer einplanen, um versteckte Schäden, Lieferengpässe oder Änderungen abzudecken. Ein Haus von 120 Quadratmetern sollte daher mit 144.000 bis 180.000 Euro kalkuliert werden - inklusive Puffer.

Wie lange dauert eine komplette Altbausanierung?

Eine komplette Sanierung dauert zwischen sechs und zwölf Monaten. Bei einfachen Projekten mit wenig versteckten Schäden kann es auch nur vier Monate dauern. Bei denkmalgeschützten Häusern, Lieferengpässen oder unerwarteten Bauschäden kann es aber auch bis zu 18 Monate dauern. Planen Sie immer mit einem Aufschlag von zwei bis drei Monaten.

Welche Sanierungsmaßnahmen bringen die höchsten Renditen?

Die höchsten Renditen bringen Maßnahmen, die die Gebäudehülle verbessern: Dachdämmung, Fassadendämmung und Fensteraustausch. Sie senken den Heizenergiebedarf am stärksten. Eine moderne Heizung ist wichtig, aber ohne Dämmung wirkt sie wie ein Heizlüfter in einem offenen Fenster. Die Kombination aus Dämmung und effizienter Heizung bringt die besten Ergebnisse - und die höchsten Fördermittel.

Kann ich eine Altbausanierung selbst machen?

Einige Arbeiten wie Malerarbeiten, Bodenbeläge oder Einbau von Küchen sind möglich. Aber alles, was mit Dämmung, Elektrik, Heizung oder statischen Elementen zu tun hat, sollte von Fachleuten erledigt werden. Falsch gedämmte Wände führen zu Schimmel. Falsch verlegte Leitungen können zu Bränden führen. Und falsch ausgeführte Dachkonstruktionen können das ganze Haus gefährden. Sparen Sie nicht an der falschen Stelle.

Wie finde ich einen verlässlichen Energieberater?

Suchen Sie nach Zertifikaten des Deutschen Energieberater-Verbands (DEBV) oder der KfW. Ein seriöser Berater macht eine thermografische Untersuchung, analysiert den Energieverbrauch und gibt Ihnen einen detaillierten Sanierungsfahrplan - nicht nur ein Formular für die Förderung. Die ersten 1.500 Euro für einen guten Berater sparen Ihnen oft 20.000 Euro an Fehlplanung.

Was passiert, wenn ich die BEG-Förderung nicht rechtzeitig beantrage?

Sie verlieren den Anspruch. Die BEG muss vor Beginn der Maßnahme beantragt werden. Wer erst nach dem Dachaufbau einen Antrag stellt, bekommt kein Geld. Auch bei der Steuerabsetzung: Die Kosten müssen in dem Jahr ausgewiesen werden, in dem sie entstanden sind. Planen Sie den Antrag als ersten Schritt - nicht als letzten.

Soll ich eine Komplettsanierung oder nur Teile sanieren?

Wenn mehr als 30 % des Hauses sanierungsbedürftig sind, lohnt sich die Komplettsanierung. Warum? Weil die Förderung dann besser greift, die Amortisationszeit kürzer ist und Sie später nicht noch einmal in den Keller gehen müssen. Teilsanierungen sind nur sinnvoll, wenn das Haus in gutem Zustand ist und nur einzelne Elemente erneuert werden müssen.