- von Benjamin Alisic
- an 18 Nov, 2025
Stell dir vor, du wohnst in einem alten Haus mit dicken Mauern, aber trotzdem ist es kalt im Winter und an den Fensterlaibungen bildet sich Schimmel. Du willst wärmer wohnen, aber die Fassade darf nicht verändert werden - weil das Haus unter Denkmalschutz steht. Oder du hast einfach keinen Platz für eine Außendämmung. Dann ist Innenwanddämmung die einzige praktikable Lösung. Doch viele scheitern daran, weil sie glauben, es sei einfach, eine Platte an die Wand zu kleben. Tatsächlich ist es eine Bauphysik-Operation. Falsch gemacht, wird die Dämmung zum Schimmel-Generator.
Warum Innenwanddämmung nicht einfach ist
Außendämmung ist die beste Lösung. Das sagen alle Experten. Warum? Weil sie die Wand selbst wärmt. Die Mauer bleibt warm, Feuchtigkeit kann abtrocknen, Tauwasser entsteht nicht. Bei Innenwanddämmung passiert das Gegenteil: Die Außenwand wird kälter. Sie kühlt sich ab, weil die Wärme von innen nicht mehr durch die Mauer strömen kann. Und kalte Wände sammeln Feuchtigkeit. Wenn die Luftfeuchtigkeit hoch ist, kondensiert sie - und Schimmel wächst. Laut Passipedia wurden über zwei Jahre hinweg mehrere Innendämmsysteme unter realen Bedingungen gemessen. Ergebnis: Alle funktionierten, aber nur wenn die Raumluftfeuchtigkeit unter 60 % blieb. Sobald sie höher war - etwa durch einen ausgefallenen Lüfter oder zu wenig Lüften - stiegen die Feuchte-Werte in der Wand. Das ist kein Zufall. Es ist Physik.Welche Dämmstoffe gibt es - und welche vermeiden Schimmel?
Nicht alle Dämmstoffe sind gleich. Einige sind wie ein Wasserspeicher, andere wie ein Schwamm, der Feuchtigkeit aufnimmt und wieder abgibt. Hier die wichtigsten Systeme mit ihren Eigenschaften:- Polystyrol (EPS/XPS): Günstig, aber dicht. Keine Dampfdiffusion. Risiko: Feuchtigkeit bleibt in der Wand. Nur mit perfekter Dampfbremse verwendbar.
- Schaumglas: Feuerfest, aber ebenfalls dicht. Passt nur bei sehr trockenen Wänden.
- Mineralwolle (Stein- oder Glaswolle): Preiswert (8-11 €/m²), aber nicht kapillaraktiv. Braucht eine Dampfbremse. Bei Feuchtigkeit verliert sie die Dämmwirkung.
- Kalziumsilikatplatten: Diffusionsoffen, feuchtigkeitsregulierend. Kann direkt verputzt werden. Ideal für Altbauten. Preis: mittel.
- Holzweichfaserplatten: Ökologisch, kapillaraktiv, diffusionsoffen. Saugt Feuchtigkeit auf und gibt sie wieder ab, wenn die Luft trockener wird. Sehr gut für Schimmelprävention. Preis: etwas höher.
- Korkplatten: Natürlich, diffusionsoffen, guter Dämmwert. Einfach zu verarbeiten. Beliebt bei Handwerkern. Preis: mittel bis hoch.
- Aerogel: Extrem dünn, extrem gut (0,015-0,020 W/(m·K)). Perfekt für enge Räume. Aber sehr teuer - bis zu 10 Mal so viel wie Polystyrol.
- Vakuum-Dämmplatten: Der Spitzenreiter bei Dämmwirkung (0,005-0,010 W/(m·K)). Aber empfindlich, teuer und nur für Profis.
- Zellulose-Aufsprühdämmung: Nicht als Platte, sondern als Lockermaterial. Wird in Hohlräume oder zwischen Holzbalken gesprüht. Ökologisch, passt sich jeder Form an. Ideal für Bruchsteinwände. Preis: mittel.
Die klaren Gewinner für Schimmelprävention: Holzweichfaser, Kork und Kalziumsilikat. Sie sind nicht nur diffusionsoffen - sie regulieren die Feuchtigkeit aktiv. Sie verhindern, dass die Wand zu nass wird. Das ist der Unterschied zwischen einem System, das nur Wärme hält, und einem, das auch das Klima schützt.
Die Dampfbremse: Dein unsichtbarer Schutz
Viele denken, eine Dampfbremse ist nur ein Folienstreifen. Das ist falsch. Eine gute Dampfbremse ist intelligent. Moderne Systeme wie die feuchteadaptive Dampfbremse von Saint-Gobain Weber passen sich an. Im Winter: dicht. Verhindert, dass Feuchtigkeit aus der warmen Luft in die kalte Wand zieht. Im Sommer: offen. Lässt die Wand trocknen. Das ist der Schlüssel. Ein Nutzer auf Bauforum24 hat mit Polystyrol und einer herkömmlichen Folie Schimmel an den Fensterlaibungen bekommen. Warum? Weil die Folie im Sommer nicht aufging. Die Wand konnte nicht abtrocknen. Nach zwei Jahren: Schimmel. Ein anderer nutzte Holzweichfaserplatten ohne Folie - und hatte keine Probleme. Die Platte selbst hat die Funktion der Dampfbremse übernommen. Fazit: Wenn du keine diffusionsoffene Dämmung verwendest, brauchst du eine adaptive Dampfbremse. Und sie muss richtig installiert sein - ohne Löcher, ohne Überschneidungen. Sonst ist sie wertlos.
Wie wird es richtig installiert?
Es reicht nicht, die Platten anzukleben. Die Wand muss trocken sein. Keine Feuchtigkeitsspuren. Keine Salzausblühungen. Keine losen Putzstücke. Alles muss entfernt werden. Der alte Putz kann als Ausgleichsschicht dienen - aber nur, wenn er fest ist. Die Platten werden mit mineralischem Klebemörtel vollflächig verklebt. Nicht punktuell. Nicht mit Randwulst. Vollflächig. Mit einer Traufel auftragen, dann mit einer Zahnspachtel (Zahnung 10 cm) gleichmäßig verteilen. Dann die Platte fest andrücken. Danach: verdübeln. Ja, auch wenn sie geklebt ist. Die Dübel sichern die Platte gegen Abheben, besonders bei hohen Wänden oder bei späterem Verputzen. Für unregelmäßige Wände - wie alte Bruchsteinwände - ist Aufsprühdämmung mit Zellulose die beste Wahl. Die Flocken füllen jede Ritze. Keine Hohlräume. Keine Kältebrücken. Und sie ist aus recyceltem Zeitungspapier. Ökologisch und effektiv. Wenn du verputzt, verwende nur diffusionsoffene Mineralputze. Keine Kunststoffputze. Die Putzschicht muss atmen können. Sonst bleibt die Feuchtigkeit zwischen Dämmung und Putz - und Schimmel wächst dahinter.Was kostet es?
Die Preise variieren stark:- Polystyrol: 15-25 €/m² (Material + Kleber)
- Mineralwolle: 18-28 €/m²
- Holzweichfaser/Kork: 30-45 €/m²
- Kalziumsilikat: 35-50 €/m²
- Zellulose-Aufsprühdämmung: 40-60 €/m² (inkl. Montage)
- Aerogel/Vakuum: 100-200 €/m²
Im Vergleich zur Außendämmung (160-200 €/m²) ist Innenwanddämmung günstiger. Aber: Du verlierst mehr Platz. Und du bekommst weniger Energieeinsparung. Ein gut gedämmtes Haus mit Außendämmung spart bis zu 30 % Heizenergie. Mit Innendämmung sind es 5-15 %. Aber wenn du keine andere Wahl hast - ist es die beste Option.
Die 3 größten Fehler bei der Innenwanddämmung
- Falscher Dämmstoff: Polystyrol auf einer feuchten Wand? Ein Rezept für Schimmel. Nutze diffusionsoffene Systeme - besonders in Altbauten.
- Keine Dampfbremse oder falsch installiert: Eine Folie mit Löchern ist wie ein Sieb. Eine Dampfbremse muss lückenlos sein - und bei nicht-diffusionsoffenen Systemen unbedingt nötig.
- Zu hohe Luftfeuchtigkeit: Keine Lüftung, keine Belüftung, kein Luftaustausch. Wenn du nach der Dämmung deine Fenster nicht mehr öffnest, stirbt die Wand. Die Luftfeuchtigkeit muss unter 60 % bleiben. Sonst: Schimmel. Punkt.
Ein Nutzer berichtete, dass er nach der Dämmung mit Korkplatten seine Wohnung mit einem Luftentfeuchter auf 50 % hielt - und hatte seither keinen Schimmel. Ein anderer nutzte Polystyrol und dachte, er könne einfach öfter lüften. Nach 18 Monaten: Schimmel an der Decke. Warum? Weil die Wand nicht trocknen konnte. Die Luftfeuchtigkeit war nicht das Problem - die Dämmung war es.
Was kommt als Nächstes?
Der Markt für Innendämmung wächst. Im Jahr 2022 wurden in Deutschland 280.000 Wohngebäude saniert - und 15 % davon mit Innendämmung. Der Anteil an ökologischen Dämmstoffen stieg von 22 % (2018) auf 37 % (2023). Warum? Weil Menschen merken: Es geht nicht nur um Wärme. Es geht um Gesundheit. Neue Systeme kommen: Saint-Gobain Weber hat 2023 ein System mit eingebauten Feuchtigkeitssensoren vorgestellt. Die Sensoren messen die Feuchtigkeit in der Wand und senden Warnungen an dein Handy, wenn es kritisch wird. Bis 2027 wird dieser Typ nach Prognosen des Fraunhofer-Instituts 25 % des Marktes ausmachen. Die Zukunft der Innenwanddämmung ist intelligent. Und sie ist diffusionsoffen. Wer heute noch Polystyrol mit Folie installiert, baut ein Problem in seine Wand - nicht eine Lösung.Was du jetzt tun solltest
1. Prüfe deine Wand: Ist sie trocken? Gibt es Feuchtigkeitsspuren? Wenn ja: erst sanieren, dann dämmen.Dämmen ist nicht nur isolieren. Es ist Klima-Management. Und wenn du das verstehst, wird deine Wand nicht nur warm - sie bleibt gesund.